Predigt zum Hirtensonntag Miserecordia domini

Liebe Gemeinde,

weide meine Herde! Oder wie es Petrus formuliert: Den Ältesten sage ich weidet meine Herde!

Der Hirtensonntag hat vor allem für Kinder eine große Chance ein Stückchen näher an den Glauben heranzukommen und durch dieses schöne Bild vom guten Hirten des Psalm 23 ein auch angenehmes und schönes Bild von Jesus Christus zu bekommen. Doch der Predigttext des heutigen Sonntags sieht seinen Schwerpunkt jenseits von Schafen, Lämmern und Hirten, auch wenn er sich dieser Bilder bedient. Bevor wir uns jedoch mit der Botschaft des Petrusbriefes auseinandersetzen ordnen wir das Lämmer, Schaf und Hirtenbild einmal ein. Es begegnet uns in der Bibel immer wieder und es hilft vor allem im kindlichen Glauben eine Vorstellung von dem zu entwickeln was Jesus für uns tun und sein will. Der gute Hirte!

Der Verfasser des heutigen Predigttextes ist der Petrus – einer der zwölf Jünger. Er ist einer der beiden prägenden urchristlichen Lehrer. Und doch ist er auch der, der Jesus dreimal verleugnet hatte, bevor der Hahn das erste Mal krähte. Er litt darunter und hatte die einmalige Chance bekommen umzukehren und neu zu beginnen, als Jesus ihm am Kreuz den Auftrag gab und sagte: auf diesem Fels möchte ich meine Burg bauen. ER sollte Hirte über seine Herde sein, weil Jesus der Erzhirte ihn dazu berufen hat.

Es bedeutete zur Zeit Jesu einen großen Reichtum, wenn man eine prächtige gut gedeihende Schafherde sein eigen nennen konnte. Wer „belämmert“ war war reich, denn seine Herde wuchs und wurde größer. Er konnte Hirten anstellen und die Familie von der Herde ernähren. Dieser materielle Reichtum ist zum Sinnbild der Botschaft geworden. Wir die Kinder Gottes sind groß an unserer Zahl und unser Vater im Himmel ist reich an seinen Gläubigen hier in unserer Welt. Und Gott möchte das es seinen Christinnen und Christen gut geht. Dafür gibt er durch Petrus wiederholt den Auftrag der Fürsorge: Weidet meine Herde! Einer Fürsorge im Predigttext die zuerst an die „Älteren“ für die „Jüngeren“ adressiert ist. IN unserer heutigen Auslegung verstehen  und identifizieren wir den Begriff der Ältesten mit denen die Verantwortung in einer Gemeinde tragen. Mit Pfarrerinnen und Pfarrern, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und auch den Kirchenvorständen und Aktiven. Daher legen wir einen Schwerpunkt auf den Begriff des heutigen Sonntags: den Hirtensonntag. Der Älteste oder auch einfach ausgedrückt die Profis kümmern sich um die Laien.

Wissen Sie was. Genau an der Stelle ist es Zeit für eine neue Auslegung. Wenn wir heute von einem materiell reichen Menschen reden wollen werden wir wohl kaum über seine Schafherde reden. Heute zählen Häuser, Autos, regelmäßige Urlaube – am besten mit mind. 5 Stunden Flugreise – und ein prall gefülltes Bankkonto. Dann ist einer reich! Und wenn wir in unsere Reihen schauen, dann ist die zweite Differenzierung zwischen Ältesten und den Jüngeren wohl auch überholt. Wir sind ja heute froh wenn wir rechts und links neben uns überhaupt jemanden sitzen haben und nicht in leere Bankreihen an normalen Sonntagen schauen müssen. Da ist es schön das nächsten Sonntag Konfirmation ist und viele junge Menschen heute den Weg hierher gefunden haben. Übrigens: unsere katholische Schwesterkirche legt derzeit zahlreiche Pfarrämter zusammen und reduziert das seelsorgerische Angebot. Dabei glauben und hoffen die „Ältesten“ das dadurch der Gläubige einfach am Sonntag ins Auto steigt und in die Nachbargemeinde fährt. Die Realität schaut anders aus. Die Jüngeren die Petrus adressiert, wenn man den Predigttext weiterliest, bleiben einfach zu Hause. Im ersten, zweiten und dritten Jahr gehen sie noch zu den wichtigen Festen in die Gottesdienste. Und dann irgendwann liegt das Austrittsformular unterschrieben im weltlich gemeindlichen Standesamt.

Das was Petrus uns in seinen Worten sagt hat große Relevanz. „Achtet auf eure Herde und weidet sie  aus Herzensgrund und freiwillig!“ Dies gilt den Lektoren und Prädikanten, dies gilt denen die Verantwortung tragen und dies gilt ganz besonders den Pfarrerinnen und Pfarrern. Doch er setzt noch fast unscheinbar den wichtigsten Hinweis an, der das Ziel und die Aussage in einem anderen Licht erscheinen lässt. „Seid keine Herrscher der Gemeinde, sondern seid Vorbilder!“ Und an dieser Stelle geht es nicht mehr allein um die Profis und die Aktiven. Hier geht es um uns alle. Es geht um jeden einzelnen Christen, der von der Osterbotschaft überzeugt ist, dass mit Jesus Christus ein wahrer Mensch und wahrer Gott für uns und unsere Sünden gestorben ist und der mit seiner Auferstehung  den Tod besiegt hat.

Jeder von uns der getauft ist und an diese Wahrheit glaubt darf nicht nur selbst zuversichtlich und frei durch sein Leben gehen. Nein! Jeder von uns hat den Auftrag sich um seinen Nächsten zu kümmern. Das ist doch das besonders schöne unseres Glaubens, dass es keinen Mittler zwischen uns und Gott gibt. Das wir getrost auf die Gnade und die Barmherzigkeit Gottes vertrauen können. Gleiches führt dazu das mit den Worten Petrus an die Ältesten wir die wir im Glauben stehen angesprochen werden. Wir sollen und dürfen alle gemeinsam Vorbilder des Glaubens sein und gleichzeitig gute Hirten. Wir sind miteinander aufgerufen nach unseren Nächsten zu schauen. Da wo sie unsere Hilfe bedürfen. Und wir sind aufgerufen nach den verlorenen Schafen zu suchen, die sich von der Herde entfernt haben. Jeder an seiner Stelle. Ob in der Familie, im Beruf, unter Freunden oder wo auch immer Sie und ihr unter Menschen seid. Dafür ist es nicht notwendig wie Heilige zu leben. Dafür ist allein das wichtigste Gebot entscheidend, dass ich trotz mancher Schwierigkeit meinem Nächsten mit Liebe begegne. Das kann durch einen Segen geschehen, durch eine hilfsbereite Tat oder durch ein Wort des Trostes und des Zuspruchs in schweren Zeiten. So können wir in unserem Glauben und in unserem Vertrauen auf die Gnade und die Barmherzigkeit Gottes die Miserecordias Domini zu Vorbildern werden und vielleicht sogar das eine oder andere Schaf bewusst oder unbewusst zur Herde zurückführen. Und wenn wir Jesu dem Erzhirten eines Tages gegenüber treten hören wir vielleicht die Worte aus dem Lied Simple Man von der Gruppe Whitecross, die mich die letzten Tage begleitet haben: Thanks for a job well done! – Danke für deine Arbeit, dass hast du gut gemacht! Amen.

 

Und der Friede Gottes der größer ist als wir es begreifen können bewahre unsere Herzen und Sinne. In Christus Jesus.